Frage 9:

Zu dieser Frage 9 ist eine ergänzte und erweiterte Fassung erarbeitet worden, die als Mandanteninformation 12/2006 vom 24.12.06 „Berechnung der Wertminderungen der Ost-Renten am Beispiel der Auffüllbeträge“ in die Rubrik „Mandanteninfo“ aufgenommen worden ist.

Wie sind gemäß Einigungsvertrag die durch das RÜG bewirkten Benachteiligungen der Bürger mit Alterssicherungsansprüchen / -anwartschaften aus der DDR zu berechnen?

a) Im Einigungsvertrag hatten die Vertragspartner festgelegt, das Einkommen der DDR-Bürger und damit auch die Renten bzw. Alterseinkommen vom 30.06.90 zum 01.07.90 im Verhältnis 1:1 von Mark der DDR auf DM zu überführen.

Für die nachfolgende Zeit galten für die Rentenleistungen die im Einigungsvertrag insbesondere in Artikel 30 Abs. 5 vorgegebenen Grundsätze:

„Mit der Angleichung der Löhne und Gehälter in dem in Artikel 3 genannten Gebiet“, das heißt im Beitrittsgebiet, „an diejenigen in den übrigen Ländern“ ist „auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen“.

Im Leiturteil vom 28.4.1999 (BVerfGE 100, 1ff.) hat das BVerfG dementsprechend u. a. die Zahlbetragsgarantie ausdrücklich als Realwertgarantie bestätigt (BVerfGE 100, 1 [47]). Unter Berücksichtigung dessen waren die Rentenansprüche bzw. –anwartschaften ausgehend von dem Wert, den sie bis zum 30.06./01.07.90 erreicht hatten, „entsprechend der Angleichung der Löhne und Gehälter…“ anzugleichen bzw. zu dynamisieren. Der Bruch des Einigungsvertrages und die Liquidierung der Zahlbetragsgarantie erfolgten durch die Bildung und Abschmelzung der Auffüllbeträge (entsprechend wurde mit den Renten- und Übergangszuschlägen verfahren) auf Grundlage von Ergänzungen des SGB VI, die durch das Rentenüberleitungsgesetz, vorliegend besonders als §§ 315a, 319a und 319b, eingefügt wurden; mit diesem Gesetz wurde insgesamt ein besonderes auf die Beseitigung der Garantien des Einigungsvertrages (Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz) ausgerichtetes Renten- und Alterssicherungsrecht Ost geschaffen.

b) Die Angleichung bzw. Dynamisierung der Alterseinkünfte Ost ist ab dem 01.07.90 bzw. dem 31.12.91 entsprechend der Veränderung des Verhältnisses des jeweiligen aktuellen Rentenwertes Ost zu dem (im Westen gültigen) allgemeinen aktuellen Rentenwert vorzunehmen.

Der aktuelle Rentenwert Ost wurde zum           01.07.90 mit         14,93 DM (=7,6336 €) festgelegt,

Der aktuelle Rentenwert (West) betrug am       01.07.90              39,58 DM.

Der aktuelle Rentenwert Ost liegt seit               01.07.03 bei         22,97 €,

Der aktuelle Rentenwert (West) liegt zum         01.07.03 bei         26,13 €.

Eine Rente aus der DDR, die am                      01.07.90 mit         450 DM (= 230,08 €)  geleistet wurde,

erreicht grundsätzlich also, unveränderte persönliche

Entgeltpunkte Ost vorausgesetzt, zum                01.07.03 mit         692,32 € mehr als den dreifachen nominellen Betrag.

 

So kann man als Faustregel nehmen, dass der Wert der Renten bzw. des Alterseinkommens vom 01.07.90 mal 3 genommen werden muss, um in etwa auf den heutigen Wert / Zahlbetrag zu kommen, der den Vorgaben des Einigungsvertrages und des Leiturteils vom 28.4.1999 entspricht. Stimmt das Berechnungsergebnis mit den derzeitigen Leistungen nicht überein, weist das auf eine Abweichung von den vom Einigungsvertrag vorgegebenen und dem Grundgesetz entsprechenden Verfahrensweisen hin.


c) In einem konkreten Beispiel ergeben die Berechnungen zum Verlust des mit seinem Realwert garantierten Zahlbetrages (Art. 30 Abs. 5 EV) von 1990 bis Juli 2002 folgendes:

 

 

Rente + Zusatzrente (Gesamtbetrag und – ab 01.01.92 - Zahlbetrag)


ab 01.01.92 SGB VI-Rente ohne Auffüllbetrag

Erhöhg. in % zum Vorjah-resbetrag (oh- ne Auffüllbetr.) gem. Verän- derungen des aktuell. Ren-tenwertes Ost.

Auffüllbe trag, DM/€

= SGB-VI-Rente + Auffüllbe- trag insge-samt in DM bzw. Euro

Garantierter Zahlbetrag angepasst / ange-glichen gemäß Grundsätzen des EV bzw. nach den Sätzen der Renten-anpassung Ost

Entgeltpunkte des garantierten Zahlbetrages

01.06.90

550 M + 82 M =         632,00   M

100,00

 

 

 

Rentenbeginn

 

 

 

 

 

 

 

30.06.90

550 M + 82 M   =        632,00   M

100,00

 

 

 

 

01.07.90

657 M + 98 M   =        755,00   M

119,45

 

 

755,00  DM

=  50,5693 PEP-Ost

01.01.91

756 DM+113 DM =     869,00 DM

115,10

 

 

869,00  DM

 

01.07.91

870 DM+130 DM=   1.000,00 DM

114,94

 

 

1.000,00  DM

 

31.12.91

1.000 DM+68,40=   1.068,40 DM

106,84

 

1.068,40

1.068,40  DM

 

 

Nach Neuberechnung:

Monatsbetrag der neuen Rente:

 

 

 

 

 

31.12.91

43,5988 PEPOx21,11
=  920,37 DM

 

+148,03
= 7,0109 PEPO

1.068,40

 

 

01.01.92

1.027,62 DM

111,65

+ 148,03

1.175,65

1.192,87 DM

= 50,6096 PEP-Ost

 

 

 

 

 

 

 

01.07.00

Ab jetzt: mit PEP-Ost: für Kindererziehungszeiten: 44,3467
 = 1.842,49 DM
(Zahlbetrag: 1.701,08 DM)

 

12,56 DM

1.701,03

2.138,76 DM

 

 

 

 

 

 

 

 

01.07.02

1.006,69    
(Zahlbetrag: 923,14 €)

 

Nach Ab-schmelzung liquidiert!

 

 

 

 

923,14

1.148,84  
(minus Teil der Beiträge: 88,87 + 8,75 =  97,62] = Zahlb. 1.051,22 €)

 

 

Verlust ab 01.07.02 monatlich zumindest:

128,08 € (= 250,50 DM)

 

Erläuterungen zum Beispiel:


Die Alters- und die Zusatzrente (aus der FZR) wurden ab der DM-Einführung am 01.07.1990 gemäß Einigungsvertrag (EV) mit 755 DM (= 50,5695 PEP-Ost) als garantierter Zahlbetrag gewährt und bis 31.12.1991 ordnungsgemäß (Art. 30 Abs. 5 EV) angepasst bzw. angeglichen (einschließlich der Erhöhung um 6,84% zum 31.12.01 wegen nun erfolgender Beteiligung am Krankenversicherungsbeitrag). Ab 01.01.92 beseitigte das RÜG die Zusicherungen des Einigungsvertrages. Der in seinem Wert vom EV dauerhaft garantierte und als Eigentum geschützte Zahlbetrag wurde zum 31.12.91 bei einer Gesamtrente, die zum 31.21.91die Summe von 1.068,40 DM erreichte, aufgeteilt


in eine rückwirkend neu berechnete SGB-VI-Rente in Höhe von 920,37 DM (ab 01.01.92: 1.027,62 DM, die ab 01.01.92 [Ost-] dynamisiert sowie nach den Rentenanpassungsverordnungen halbjährlich, später jährlich, angepasst und damit schrittweise bis zum 01.07.02 auf 1.006,69 € (Zahlbetrag: 923,14 €) angeglichen wurde und


in einen Auffüllbetrag von 148,03 DM, der zunächst statisch war, also im Rhythmus der Rentenanpassungen/-angleichungen an Wert verlor, und der ab 01.01.96 schrittweise „abgeschmolzen“ und damit ab 01.07.01 insgesamt liquidiert/beseitigt wurde. Der Betrag hätte statt dessen gemäß dem aktuellen Rentenwert Ost regelmäßig angepasst / dynamisiert werden müssen. Dadurch hätte der Betrag von 148,03 DM = 75,69 € vom 01.01.92 bis 01.07.02 gemäß der Entwicklung der aktuellen Rentenwerte Ost erhöht werden müssen.


Dem Anspruch auf SGB-VI-Rente zum 01.07.02 in Höhe von 1.006,95 € (Zahlbetrag: 923,14 €) steht danach


ein Eigentumsanspruch nach der Zahlbetragsgarantie von 1.148,84 € (= 2.246,94 DM), Zahlbetrag: 1.051,22 €)


gegenüber. Die Bf verliert seit dem 01.07.01 im Vergleich zu dem wertmäßig garantierten Zahlbetrag monatlich zumindest 128,08 € (= 250,50 DM). Seit der Beseitigung der Zahlbetragsgarantie, also ab dem 01.01.92, hat sie von dem ihr im Einigungsvertrag zugesicherten Eigentum, wie berechnet werden kann, bereits mehr als 15.000 Euro eingebüßt. Gemäß der Eigentumsgarantie, dem Einigungsvertrag, dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention fordert die Betroffene daher


die Weiterzahlung des garantierten Zahlbetrages ausgehend von 50,6096 PEP-Ost zum 31.12.1991 mit einer Leistung ab 01.01.06 mit einem Zahlbetrag von zumindest 1.051 €,

die Nachzahlung der zu Unrecht von 1992 bis 2005 einbehaltenen Gelder von etwa 15.000 € und

einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die schon bis 2005 fast 14 Jahre lang andauernde Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität.

 

(Hinweise und allgemein interessierende Fragen übermitteln Sie uns zu der Ausarbeitung bitte unter der in der Rubrik „Kontakte“ genannten Adresse).

 

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