FRAGE 12: Wie könnten wir die Kritik des UN-Komitees über ökonomische, soziale und kulturelle Rechte von 1998 aufgreifen, die dazu im 4. Staatenbericht 1999 gegebene irreführende Stellungnahme der Regierung korrigieren und das UN-Komitee zu erneuten Untersuchungen veranlassen? |
Das UN-Komitee über ökonomische, soziale und kulturelle Rechte (ESC) hat, wie mehrfach berichtet worden ist, auf seiner 19l. Tagung im November 1998 die massive die Benachteiligung von Angestellten des öffentlichen Dienstes im Bereich Wissenschaft und Technik der früheren DDR, einschließlich Lehrern, Wissenschaftlern und anderen Fachkräften, gegenüber der Bundesrepublik Deutschland massiv gerügt. Es hatte festgestellt, dass von denen nur wenige (12%!) weiterbeschäftigt worden sind, während „die übrigen ohne Beschäftigung, ohne adäquaten Schadensersatz sowie ohne eine zufrieden stellende Pensionsregelung“ blieben. Im Interesse der Betroffenen hatte das Komitee die Bundesregierung aufgefordert, ihnen „als einen Akt nationaler Versöhnung angemessenen Schadensersatz, geeignete Beschäftigung oder dementsprechende Pensionen“ zu gewähren. Die Bundesregierung reagierte darauf nicht mit angemessenen Maßnahmen gegenüber den Betroffenen. Sie startete vielmehr in ihrem Vierten Staatenbericht 1999 aufgrund dieser Kritik einen Gegenangriff auf die Informationsgeber, die Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde, die nicht belegbare und veraltete Zahlen vorgelegt habe, sowie auf das Komitee, weil es Informationen und Darlegungen der Regierung unerwähnt gelassen hätte[1]. Inzwischen hat sich die Situation für die in gutem Glauben der Bundesrepublik am 03.10.1990 beigetretenen Bürger, insbesondere auch für die Rentner, dramatisch weiter verschärft. Es existiert bei uns ein Zerrissenes Land[2], in dem auf Grundlage einer unseriösen, den Einigungsvertrag und das Grundgesetz verletzenden Politik der Weg zur schrittweisen Herstellung der inneren Einheit und der Rechtseinheit Deutschlands blockiert worden ist. Auch die Alterseinkommen in Ost und West driften weiter auseinander. Das Gebot des Einigungsvertrages und des Grundgesetzes ist vergessen, nach dem sich die Lebensverhältnisse und die Einkommen, also auch die Alterseinkommen, wenigstens schrittweise annähern sollen. So liegt, wie im MDR-Fernsehen kürzlich anhand von Fakten berichtet wurde[3], z. B. das monatliche auf eine Versichertenrente gekürzte Gesamtalterseinkommen der aus der DDR gekommene Lehrerinnen und Lehrer, die unter ungünstigen Bedingungen weiter beschäftigt wurden und inzwischen Rentner geworden sind, bei ca. 1.000 €. Das entsprechende Gesamtalterseinkommen ihrer aus den alten Ländern stammenden Lehrerkollegen beträgt ca. 2.700 €. Dabei droht ein weiteres Auseinanderklaffen der Einkommensschere Ost zu West. Weitere instruktive Beispiele dazu haben wir in dem Material „Was sind Wertungswidersprüche im Alterssicherungsrecht Ost ???“ in der Rubrik „DIALOG“ unter www.ostrentner.de zusammengestellt und der Diskussion unterbreitet. Zu einer Veränderung und zur generellen Lösung der komplizierten Rechtsfragen der Alterssicherung Ost bedarf es eines Politikwechsels und eines neuen Renten- und Versorgungsüberleitungsgesetzes. Insbesondere müssen die Alterssicherungsansprüche, die von den ehemaligen DDR-Bürgern in der DDR rechtmäßig erworben wurden, und insgesamt ihre Grund- und Menschenrechte sowie ihre Menschenwürde im vereinten Deutschland anerkannt werden. Leider hatten die Millionen aus der DDR gekommenen und von den diskriminierenden Maßnahmen der Bundesregierung Betroffenen bislang keine ausreichenden Möglichkeit, gegen die irreführenden Darstellungen der Regierung aufzutreten und das tatsächliche Ausmaß des Unrechts öffentlich und vor dem UN-Komitee zu belegen: Dem Komitee sollten die Betroffenen und ihre Interessengemeinschaften am Beispiel konkreter Zahlen über ihr Alterseinkommen und das Vermögens der ehemaligen DDR-Bürger nachweisen, dass die vor 10 Jahren der Regierung übermittelten Forderungen berechtigt waren, dass sie bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben und dass die Forderungen nun endlich, um Rechtsfrieden herstellen zu können, durchgesetzt werden müssen. Die Betroffenen und ihre Interessengemeinschaften sollten das Komitee auffordern, sich mit der Entwicklung der Lage im Einigungsprozess in Deutschland erneut zu beschäftigen. Viele der dazu erforderlichen Informationen kann das Komitee aus dem Internet entnehmen (www.ostrentner.de und www.rentenrecht.de). Dort sind u. a. das Buch „Das Rentenüberleitungsgesetz und die Herstellung der deutschen Einheit“ sowie unsere drei Offenen Briefe an den Bundeskanzler Schröder und das oben genannte Material zu den Wertungswidersprüchen veröffentlicht. Wir sind auch gerne bereit, auf Anfragen dem Komitee zielgerichtet Informationen zu den verschiedenen Betroffenengruppen zu geben bzw. in Beratungen bei dem Komitee dazu Rede und Antwort zu stehen. Die Betroffenen und ihre Interessengemeinschaften könnten sich mit ihren Erläuterungen, Forderungen und Vorschlägen wenden an das UN-Komitee über ökonomische, soziale
und kulturelle Rechte (ESC)
Berlin, 08.03.08 RA Dres. Christoph[1] Vgl.
Unter Ziff. 4 in: Vierter Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland nach
Artikel 16 und 17 des Internationalen Paktes über wirtschaftlichen, soziale und
kulturelle Rechte 1999 (www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/
Menschenrechte/Download/Bericht4__Sozialpakt.pdf). [2]
Kirchlicher Herausgeberkreis Jahrbuch Gerechtigkeit: Zerrissenes Land. Perspektiven
der deutschen Einheit, Jahrbuch Gerechtigkeit III, Publik-Forum
Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 2010, 61410 Oberursel November 2007. [3] Vgl. www.ostrentner.de in der Rubrik „Aktuelles“
ist unter Zusatzfragen zu Frage 10: nach dem Abschnitt „B. Zur Schaffung einer
Opferrente…“ eingefügt der Abschnitt „C. Offene Worte zu den Vorschlägen des
CSU-Abgeordneten Konrad Kobler, die Ostrenten der Frauen zu kürzen (anknüpfend
an das MDR-Interview mit Kobler und an die entsprechende Sendung in der Reihe UMSCHAU). |
|