B. Zur Schaffung einer Opferrente und zu der unzureichenden Wiedergutmachung nach dem neuen Gesetz (Vgl. Drittes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 2007, BGBl. I Nr. 43 S. 2118 - 1229) unter Berücksichtigung der unzureichenden Rehabilitierungsvorschriften |
1. Das Anliegen der
Rehabilitierung in der Zeit
nach der Wende wurde in dem DDR-Gesetz vom 06. September 1990 seine Präambel
festgelegt: „Die Rehabilitierung von Personen, die
im Widerspruch zu verfassungsmäßig garantierten Grund- und Menschenrechten
strafrechtlich verfolgt, diskriminiert oder in anderer Weise in ihren Rechten
schwerwiegend beeinträchtigte wurden, ist ein wesentliches Element der Politik
zur demokratischen Erneuerung der Gesellschaft, des Staates und des Rechts in
der Deutschen Demokratischen Republik. Insbesondere die Kriminalisierung
friedlicher, gewaltfreier politischer Tätigkeit durch Gesetzgebung oder
Rechtsprechung ist unvereinbar mit den verfassungsmäßigen politischen Grund-
und Menschenrechten jedes Bürgers. Die Rehabilitierung verfolgt das
rechtsstaatliche und humanistische Anliegen, Personen vom Makel
strafrechtlicher Verurteilung oder anderer Diskriminierung zu befreien, die in
der Vergangenheit durch Verletzung dieser Grundsätze verfolgt oder benachteiligt
wurden. Das
wurde in § 2 mit Aussagen zu „Inhalt und Wirkungen der Rehabilitierung“ weitergeführt: „(1)
Die Rehabilitierung bezweckt eine politisch-moralische Genugtuung für die
Betroffenen. (2)
Ferner begründet die Rehabilitierung Ansprüche des Betroffenen nach Maßgabe
dieses Gesetzes auf Rückerstattung ihm entzogener Vermögenswerte und auf
soziale Ausgleichsleistungen für die ihm durch Strafverfolgung, Ingewahrsamnahme,
Verwaltungsakte von Behörden oder Entscheidungen von Betrieben entstandenen
gesundheitlichen, materiellen oder anderen Nachteile sowie weitere in diesem
Gesetz festgelegte Ansprüche. Bei einer Entschädigung für entzogene
Vermögenswerte wird der entgangene Gewinn nicht erstattet.“ Diese
Grundsätze wurden in 44 Paragrafen zur Strafrechtlichen, Verwaltungsrechtlichen
und Berufsrechtlichen Rehabilitierung genauer untersetzt. 2.
Das DDR-Rehabilitierungsgesetz gehört zu den zahlreichen Gesetzen, mit denen
die DDR unter der Regierung Modrow und anschließend unter der de
Maiziere-Regierung bis unmittelbar vor dem Beitritt ihre Rechtsordnung nach
demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen aus- und umgestaltete. Sie wollte damit die materiellen und juristischen
Voraussetzungen dafür schaffen, dass mit dem inzwischen unvermeidlich gewordenen
Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland die DDR-Bürger ohne Diskriminierung in
einer veränderten Wirtschaftsordnung bestehen können und dass auch gegenüber
jenen, denen ungerechtfertigte Nachteile zugefügt worden waren, das geschehene
Unrecht wieder gut gemacht werden konnte. 2.1.
Viele der vernünftigen Gesetze wurden nach dem Beitritt in der Bundesrepublik unverzüglich
zu Ungunsten der aus der DDR gekommenen Bürger und unter Bruch des Einigungsvertrages
(u. a. durch Aufhebung des so genannten Modrow-Gesetzes und durch das
Rentenüberleitungsgesetz) aufgehoben. So erging es auch dem
DDR-Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990. Die
Fakten werden verfälscht, wenn von Mitarbeiterinnen der Wissenschaftlichen Dienste
des Deutschen Bundestages (Nr. 36/07 [08. Juni 2007]) unter der Überschrift
„Opferrente“ erklärt wird, „Viele Mängel des Rehabilitierungsgesetzes von 1990
und die große Zahl der zu erwartenden Verfahren gaben Anlass zur Neuordnung und
machten vor allem eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens
erforderlich.“ Insbesondere wird verschwiegen, dass erst im November 1992 das
auf das Strafrecht beschränkte „Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz“ in
Kraft gesetzt wurde, das die Wiedergutmachungsleistungen einschränkte, und dass
die von verwaltungsrechtlichen und berufsrechtlichen Maßnahmen Betroffenen bis
1994 auf eine erste neue Regelung warten mussten. Das Gesetz brachte für viele
Betroffene im Vergleich zu dem, was die DDR vorgesehen hatte, geradezu ein
Desaster (zur Vorbereitung des Gesetzes vgl. Protokoll der Sitzung des
Rechtsausschusses aus seiner in Rostock durchgeführten Tagung und Stellungnahme
von Christoph). Am 1. Juli 1994 trat schließlich das zweite
SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in Kraft, welches das Verwaltungsrechtliche
Rehabilitierungsgesetz, VwRehaG, und das Berufliche Rehabilitierungsgesetz,
BerRehaG, beinhaltet. Wegen der zahlreichen Kritiken und der
ungenügenden Wiedergutmachungsleistungen – auch hinsichtlich der Alterssicherung
der Betroffenen – wird daran immer wieder herumgewerkelt, zuletzt mit dem Gesetz
zur Schaffung einer Opferrente. 2.2.
Die Darlegungen werden in den nächsten drei Wochen mit Ergänzungen, Erläuterungen
zu dem Opferrentengesetz und mit Beispielen zur Rehabilitierung nach den derzeit
geltenden Vorschriften fortgesetzt. Zunächst sei auf ein Beispiel hingewiesen,
das in der Rubrik DIALOG am Ende der Ziff. 2 der Ausarbeitung „Was sind
Wertungswidersprüche im Alterssicherungsrecht Ost“ über teilweise geradezu
widersinnige Auswirkungen der derzeitigen Regelungen zur beruflichen Rehabilitierung
enthalten ist. C. Offene
Worte zu den Vorschlägen des CSU-Abgeordneten Konrad Kobler, die Ostrenten der
Frauen zu kürzen (anknüpfend an das MDR-Interview mit Kobler und an die entsprechende
Sendung in der Reihe UMSCHAU) Die
aus der Bildzeitung und anderen Veröffentlichungen, insbesondere aus der UMSCHAU
(MDR-Fernsehen) bekannten Vorschläge des bayrischen CSU-Landtagsabgeordneten Konrad
KOBLER haben in der Sendung zwar das erhalten, was sie in ihrer
Lebensfremdheit und Unverfrorenheit verdienen: Das Gelächter von Lehrerinnen,
die davon betroffen wären. Deren Alterseinkommen liegt, wie der MDR zeigte, bei
ca. 1.000 €, während das vergleichbare Alterseinkommen ihrer westdeutschen Kolleginnen
mit etwa gleichen beruflichen Lebensläufen ca. 2.700 € erreicht. Trotzdem
dürfen die Auffassungen von Kobler nicht nur der Lächerlichkeit preisgegeben
werden: Sie sind ca. 18 Jahre nach Herstellung der staatsorganisatorischen
Einheit Ausdruck einer gefährlichen Entwicklung, die die andauernde und sich
derzeit wohl sogar vertiefende Spaltung unseres Landes signalisiert und über
die man nicht hinwegsehen darf, wenn uns die friedliche rechtsstaatliche
Entwicklung unserer Heimat am Herzen liegt. Wir
verweisen zu ergänzenden Informationen zu diesem Thema auf die Internetseite
der IG der Lehrerinnen www.ig-lehrerrenten.de,
die in ihrer Rubrik AKTUELLES unter der Überschrift „MDR-Fernsehsendung Umschau
"Reiche Ostrentner, arme Westrentner?"“ auf weitere Informationen des
MDR zu diesem Thema hinweist. Der MDR hat auch das aufschlussreiche Interview
mit Kobler veröffentlicht. Es beweist die schlimme Wirkung manipulierter
irregeleiteter Positionen in der öffentlichen Meinung, der ohne selbst nachzudenken
sogar Landtags Abgeordnete bedenkenlos folgen – und daraus zu fehlerhaften
Schlussfolgerungen gegenüber den aus der DDR gekommenen Bürgern ziehen. Hier
liegt ein weites Betätigungsfeld für die aus der DDR stammende Bundeskanzlerin,
in den Schwesterparteien CDU/CSU die Durchführung von Maßnahmen zu sichern, um
für die Herstellung der Einheit Deutschlands schlimme Bildungs- und
Informationslücken über die DDR-Vergangenheit und die Nachwirkungen der DDR
sowie über im Beitrittsgebiet u. a. per Gesetz organisierte Benachteiligungen
ehemaliger DDR-Bürger zu schließen und das Wissen der Bürger der alten Länder
über die DDR und deren Bürger und über unsere jetzige Situation im
Beitrittsgebiet auf den Stand zu heben, der für die Herstellung der inneren
Einheit und einer einheitlichen deutschen Rechtsordnung notwendig ist. Nur so
„wächst zusammen, was zusammen gehört“. |
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